Welche Auswirkungen hat Perfektionismus? Woher kommt er, bzw. wie entsteht er und welche Probleme verursacht Perfektionismus im täglichen Leben? Und wie wirst du Perfektionismus ein für alle Mal los?
Viele Menschen glauben, dass sie mit der Phrase: “Ich bin perfektionistisch veranlagt.” Sympathie und Mitleid bei ihrem Gegenüber hervorrufen. Denn dieser Satz klingt ja nett und sagt doch eigentlich, dass man doch das Opfer ist, gefangen im eigenen Zwang alles perfekt machen zu wollen. Das ist allerdings nur die Maske.
Wir beleuchten heute aber die perfide Fratze, die sich hinter Perfektionismus verbirgt.
Dabei geht es nicht nur darum, dass wir uns durch Perfektionismus selbst im Wege stehen und unsere Erfolge damit sabotieren, sondern auch um die erbärmliche Motivation dahinter.
Am Ende dieses Artikels wirst du entweder sagen, das ist die blödeste Theorie, der kompleteste Blödsinn, den ich je gehört habe. Oder du wirst eine Einsicht haben, einen tiefenpsychologischen Einblick und dich wahrscheinlich selbst damit identifizieren können. Dadurch wirst du nicht nur deinen Perfektionismus in dir heilen können, sondern auch dein Selbstbewusstsein steigern, dein Selbstvertrauen und auch dein Selbstwertgefühl. Und vor allem aber wirst du auch viel mehr Zeit haben. Wenn du dich aus den Fängen des perfektionistischen Zwangs befreit hast, bist du in der Lage ein viel selbstbestimmteres Leben zu führen.
Kennst du das Gefühl, dass du etwas noch nicht machen kannst, weil noch irgendetwas fehlt oder noch nicht komplett ist?
Oder du eine Arbeit noch nicht präsentieren oder verkaufen kannst, weil sie noch nicht perfekt ist? Und du zögerst und zögerst und zögerst. Und gleichzeitig weißt du aber auch, dass du dir mit diesem Gehabe, mit dieser Art, nur selbst im Wege stehst und dir damit deine Erfolge sabotierst. Dich deiner Zeit und deines inneren Friedens beraubst.
Ein berühmtes Beispiel aus der Musikbranche:
1969 wurde das aller erste Heavy Metal Album in der Menschheitsgeschichte produziert. Das Album heißt Black Sabbath von der gleichnamigen Gruppe.
Man könnte annehmen, wenn man schon das aller erste Album einer bestimmten Musikrichtung produziert, dass man es so perfekt wie möglich machen möchte. Aber offensichtlich war diese Gruppe viel mehr von Leidenschaft getrieben als von Perfektionismus. Und so produzierten sie dieses Album innerhalb von einem Monat kurz bevor sie auf eine Tournee gingen. Die Aufnahmen waren innerhalb von 12 Stunden abgeschlossen. Und an einem Freitag dem 13. im Februar 1970 wurde es veröffentlicht. Obwohl es von Kritikern extrem schlechte Bewertungen bekommen hat, weil es technisch und musikalisch angeblich weit entfernt von “perfekt” sein soll, ist es eines der erfolgreichsten Alben aller Zeiten.
Wenn man alleine diese Geschichte betrachtet, sieht man, dass es Perfektion als objektives Geschehen oder als objektiven Standard in keinster Weise gibt.
Das perfektionistische Gegenteil:
Das Paradebeispiel wohin Perfektionismus führt ist das Musik Album Chinese Democracy von Guns n’ Roses. Dieses Album wurde 10 Jahre lang aufgenommen und produziert. Es sollte ein “perfektes” Album werden. Aber im Verhältnis zum Aufwand, den Kosten und der Produktionszeit ist es ein absoluter Flop. Von außen betrachtet kann man eigentlich schwer glauben, dass es überhaupt jemanden gibt, der so verbohrt ist und 10 Jahre an so einem “dummen” Album herumdoktert.
Und tatsächlich gibt es viele unter uns die ein ähnliches Verhalten haben.
Perfektionismus hat nichts damit zu tun, dass man etwas Perfektes abliefern will. Denn was ist perfekt?
Vielleicht ist es bei dir ähnlich wie bei mir. Was ich dir jetzt erzähle war die erschreckende Einsicht in die Ursache warum ich perfektionistisch war, bin – wer weiß!
Perfektionismus liegt ein zu geringes Selbstwertgefühl und ich würde sogar sagen, auch Arroganz zugrunde.
Helmut Rossmann
Weil du glaubst, zu wenig und zu gering zu sein, versuchst du nach außen auf eine höhere Ebene zu steigen. Aber nach oben zu steigen ist schwieriger als andere nach unten zu ziehen. Deshalb entscheiden wir uns meistens lieber dazu, andere nach unten zu ziehen oder zu drücken.
Die natürlichen Schutzmechanismen bei zu wenig Selbstwertgefühl veranlassen uns dazu, unsere Mitmenschen mit Neid und Abwertung zu begegnen.
Das Abwerten unsrer Mitmenschen gibt uns subjektiv eine erhöhte Position. Unbewusst haben wir aber trotzdem das Gefühl diese erhöhte Position nicht zu verdienen (eigentlich wissen wir, dass diese Position falsch und infam ist, weil sie auf der Nichtakzeptanz und Abwertung unserer Mitmenschen beruht). Daher versucht dein Unterbewusstsein diese „Erhöhte Stellung“ dadurch zu rechtfertigen, dass du alles besser machst als die „anderen“ und vor allem, dass du keine Fehler machst. Andere haben Fehler, aber du bist fehlerfrei! – Also Perfektionismus ist im Grunde nichts anderes als der jämmerliche Versuch, dir selbst zu beweisen, dass du besser bist als die anderen. Und so erbärmlich es auch klingt: Den unbewussten Wunsch zu befriedigen gelobt und von “den anderen” anerkannt zu werden.
Perfektionismus ist ein Schrei nach Liebe.
Leider kommst du so nicht in deine Kraft, denn stark wird man nur miteinander und nicht gegeneinander. Wenn du andere Menschen akzeptieren kannst, stärkst du dich, wenn du andere Menschen ablehnst schwächst du dich – das ist zumindest meine Erfahrung. Und du kannst ja nachdenken ob es bei dir vielleicht auch ähnlich ist.
Dein Wahres Selbst ist auf der gleichen Ebene mit allen anderen Menschen / Selbst. In dem du das Sein der anderen Menschen nach unten drückst, drückst du auch dein eigenes wahres Sein nach unten und daher dissoziierst du dich von dir selbst und bist nicht verbunden mit deinem wahren sein. Dir fehlt deine Urkraft und dein Urvertrauen. Also deine dir ureigene Kraft und dein dir innewohnendes ureigenes Vertrauen.
Wenn du so weiter machst wirst du niemals das Gefühl haben genug zu sein oder komplett zu sein. Weil mit dem Perfektionismus fütterst du nur dein Ego, dein „erhöhtes“ ich und dieses wird nie satt.
So heilst du dich davon perfekt sein zu müssen:
Versuche jetzt, komplett irrational dir vorzustellen, dass du geistig und energetisch aus drei verschiedenen ich’s bestehst.
Es gibt das unzulängliche ich, das Würstchen in uns. Das gekränkt ist, unzulänglich ist, eifersüchtig, liebesbedürftig, das Fehler macht. Ein Teil in dir, wo du glaubst, du musst dich manchmal schämen für ihn – dich.
Und es gibt ein ich, das bedingungslos wertvoll ist. Egal was andere sagen oder denken. Egal was du sagst oder von dir denkst und es ist wertvoll egal ob es etwas leistet, arbeitet oder gebraucht wird.
Und es gibt das operative ich, dein Ego sozusagen. Wenn du andere Menschen nach untern drückst, dann drückst du auch gleichzeitig deine zwei anderen ich’s nach unten.
Versuche im Gefühl diese drei ich’s wahrzunehmen, nicht aus der Sicht der Logik, sondern aus der Sicht der Seele oder des Herzens.
Lass dir dabei Zeit.
Und dann lade dein unzulängliches ich dazu ein mit deinem Ego zu verschmelzen und spüre wie es sich anfühlt dieses unzulängliche ich in dir aufzunehmen und zu akzeptieren. Vielleicht segnest du dich selbst noch mit dem Satz: “Ich bin nicht genug und das ist ok so.”
Dann lade auch dein bedingungslos wertvolles ich dazu ein mit deinem Ego zu verschmelzen und spüre wie es sich anfühlt dieses bedingungslos wertvolle ich in dir aufzunehmen und zu akzeptieren. Vielleicht segnest du dich noch selbst mit dem Satz: “Ich bin unendlich wertvoll und das ist ok.”
Wenn du diese Übung jetzt mitgemacht hast bin ich mir sicher, dass du eine emotionale Veränderung in deinem Körper spürst.
Es kann sein, oder ist vielleicht sogar wahrscheinlich, dass du dich noch nicht zu 100 Prozent annehmen kannst. Das ist eine sehr unterbewusste Arbeit, die wir da machen. Deshalb, wenn du merkst, dass du wieder irgendwo zögerst, weil du glaubst bzw. das Gefühl hast du oder deine Leistung ist nicht genug, dann mache diese Übung wieder und immer wieder mit der vollen Intensität.
Es ist schön zu erkennen, dass man gleich wertvoll ist, wie jeder andere aber auch nur gleich und eben nicht wertvoller. Zu sich zu stehen aufgrund seines Seins und nicht aufgrund dessen, dass man etwas besser und perfekter macht oder kann als jemand anderes.
Alles Gute
Helmut